Die Online-Schülerzeitung befragt jedes Jahr im Januar unseren Schulleiter Herrn Slowig zu den unterschiedlichsten Dingen aus dem Schulalltag, dem Campus Kastanienallee oder zu neuen Baumaßnamen am CWG. Erfahrt hier, im ersten Teil des diesjährigen Interviews, interessante Informationen und Neuigkeiten über die Unterrichts- und Lehrerversorgung am CWG im Schuljahr 2018/2019 und Herrn Slowigs Meinung zum Lehrermangel in Sachsen-Anhalt.
- von Theodor Wolf/9c
- Foto: Theodor Wolf/9c
- Digitalisierung der Audiodatei: Clemens T. Kral/12b; Theodor Wolf/9c
{Das Interview wurde bereits Ende Januar 2019 geführt. Alle Aussagen beruhen daher auf dem Kenntnisstand vom Interviewzeitpunkt.}
Teil 1 von 3 des fünften Januarinterviews:
Vorwort von Herrn Slowig: „Das jährliche Interview ist eine schöne Sache, und man merkt dabei jedes Jahr, bei jedem Foto, dass ich älter werde, und diesmal auch mit einer neuen Brille am Start bin… Es ist eine sehr schöne Tradition, weil es mir auch selber die Gelegenheit gibt, mal zu überlegen, wo wir stehen und wo wir hinmüssen, in den nächsten Wochen und Monaten. Ich bin immer gern mit euch im Austausch.“
- Wie sieht die Unterrichts- und Lehrerversorgung am CWG im Schuljahr 2018/2019 aus bzw. gibt es Neuigkeiten für das 2. Halbjahr?
„Also für uns gibt es im 2. Halbjahr die Neuigkeit, dass wir mit Frau Joneg jemanden zu uns versetzt bekommen, der im Bereich Englisch den Unterricht absichern kann. Mehr oder weniger bekannt ist auch, dass wir wieder junge Kolleginnen haben, die erfreulicherweise Mütter werden und wir damit natürlich im laufenden Betrieb Umstrukturierungen haben. Insgesamt können wir in diesem Jahr erfreulicherweise den Pflichtunterricht besser abdecken als in den vergangenen Jahren. Da hat sich doch Einiges zum Positiven geändert. Das ist aber immer ein sehr instabiles Gebilde, welches sehr schnell durch Langzeiterkrankungen oder andere Entwicklungen wieder ins Gegenteil umschlagen kann. Aber insgesamt dürfen wir in diesem Jahr nicht unzufrieden sein.
Aufgrund der Umstrukturierungen, die es jetzt geben muss bzw. aufgrund der erfreulichen Ereignisse, die da jetzt bevorstehen, ist es so, dass wir im 2. Halbjahr viele Fachlehrerwechsel vornehmen müssen. Dies ist nie günstig, aber in dem Fall nicht zu ändern. Wir sind auch sehr froh, dass wir im Januar mit Herrn Trauzettel und Frau Fritzsche unsere ehemaligen Referendare übernehmen und damit auch wieder Lücken schließen konnten, die ansonsten neu entstanden wären.“
- Wie sieht die Lehrerversorgung am CWG in der Zukunft aus?
„Gegen die Großwetterlage können wir nichts machen. Darüber will ich auch gar nicht reden. Was wir machen können, ist, unsere Schule weiterhin zu einer Topadresse zu machen und auszubauen, bei der viele Lehrer sagen, „von der Schule habe ich gehört; von da hör ich viel Gutes; da kann ich mir vorstellen, meine Zukunft als Lehrer zu verbringen“. Denn so ist es oft. Wir werden den Lehrermangel in Sachen-Anhalt nicht lösen können, aber was wir lösen müssen, ist, dass sich zu jeder ausgeschriebenen Stelle am CWG Bewerber finden. Dazu tragen wir in der Schulgemeinschaft eine hohe Verantwortung. Das hängt davon ab, wie wir die Schule und das Miteinander in der Schule gestalten. Das ist das, was wir tun können. Das zweite, was wir machen, und das ja bereits sehr stark, ist natürlich, selber auszubilden. Und den Referendarinnen und Referendaren gefällt es in der Regel so gut, dass sie sich eine Zukunft bei uns vorstellen können. Wir haben in den letzten Jahren die erfreuliche Beobachtung gemacht, dass diejenigen, die erstmal bei uns waren, sich gerne dazu entschieden haben, bei uns zu bleiben. Zum Beispiel Herr Berger, Herr Heuser, Frau Saretzki-Wieprich, Herr Pötschke oder Herr John. Dass die Leute bei uns bleiben, das halte ich für ein gutes Zeichen.“
- Was würden Sie sich wünschen, was müsste passieren, damit nicht mehr so viel Unterricht ausfällt, sehr viele Lehrer sehr viele Überstunden haben usw.?
„Das Problem ist, dass uns jetzt Dinge auf die Füße fallen, die Fachleute schon vor 10 / 15 Jahren angemerkt haben. Jeder wusste, dass wir in diese demografische Falle bei den Lehrern laufen. Wir haben damals viele junge, engagierte Lehrer aus dem Land „vertrieben“. Das muss man so deutlich sagen. Ich habe das oft erlebt und mir tat es immer in der Seele weh. Ich erlebte eine ausgezeichnete Prüfung und der Referendar sagte danach: „Ich würde ja gern hierbleiben, aber die einzigen Stellen, die ich angeboten bekommen habe, sind in Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg.“ Dann sind die Leute natürlich weg. Jetzt haben wir die Lücken, bloß weil wir bisher nicht viel brauchten und nicht viel ausgebildet haben. Das Problem ist, wenn man die Fehlentwicklung erkennt, kann man nicht einfach sagen, wir denken heute um. Wenn ich heute sage, ich bilde Lehrer im großen Stil aus, dann sind die in 6 bis 8 Jahren vielleicht fertig und auf dem Markt. Das heißt, das hilft uns jetzt nicht. Was ich mir wünschen würde, um den Ausfall in den Griff zu bekommen, ist, dass man diese Schieflage nicht auf dem Rücken der Kollegen austrägt, die jetzt da sind. Wir brauchen innovative Lösungen und wir brauchen sicherlich auch einen gewissen Zeitraum den Seiteneinstieg. Da müssen wir natürlich sehr genau hinschauen: Was hilft uns in der Schule weiter, was hilft uns nicht weiter. Wer kann bleiben und von wem sollten wir uns wieder trennen? Was nicht geht, ist, immer den Mangel auf dem Knochen derer auszutragen, die da sind. Das wird dem System nicht helfen. Das wird die Probleme im System, nämlich Langzeiterkrankungen und ausgebrannte Lehrer, nur noch verschärfen. Das ist ein sehr komplexes Thema.
Ebenfalls müssen wir in der mittelfristigen Zukunft unbedingt die Arbeitsbedingungen von Lehrern prüfen. In Kürze wird das Ergebnis einer erhobenen Arbeitszeitstudie von der Universität Rostock herauskommen. Ich bin überzeugt, dass die Befunde erschreckend sind. Da Lehrer, die ihren Job ernst nehmen, schnell bei 55 / 60 Stunden pro Woche sind. Das gleichen auch nicht die angeblich so vielen Ferien aus, in denen die Lehrer – von den Sommerferien einmal abgesehen – mit Korrekturarbeiten und Vorbereitungen beschäftigt sind. Ich sage immer, dass dieser Beruf in Deutschland sicherlich ein finanziell attraktiver Beruf ist. Viele werden auch verbeamtet, das ist sicher auch attraktiv, aber die andere Seite ist, wenn man auf die Straße geht und jemanden fragt „Willst du mit mir tauschen?“, findest du auch nicht viele, die sofort „ja“ schreien. Ich denke, wir müssen dringend an die wirklichen Probleme der Lehrer herangehen: Entstehende gesundheitliche Probleme wie Überlastung oder die zu hohe Unterrichtsverpflichtung. Und wenn wir in dem System für mehr Gesundheit sorgten, dann würde auch weiniger Unterricht ausfallen. Die andere Frage ist, wie man den Unterricht zukünftig mit den vorhandenen Möglichkeiten anders organisieren könnte: Ob man den Lehrer in jedem Fall, in jeder Form noch braucht, oder ob man vielleicht eine Aufgabenstruktur entwickelt, in der Schüler auch sehr viel selbstständig erledigen … Ich glaube aber vor allem, dass die Schüler nach wie vor die menschliche Ausbildung durch Lehrer brauchen, da die Erziehung ja ein ganz wichtiger Teil in unserer Arbeit ist, und dass Maschinen dies nie ersetzen werden. … Hoffentlich nie ersetzen werden…“
Wir bedanken uns bei Herrn Slowig für das ausführliche Interview und freuen uns schon auf das nächste und damit 6. Interview im Januar 2020!